Beim Gang zum Briefkasten warten in vielen Fällen Rechnungen – von Gebühren über die Stromrechnung bis hin zu Handwerkerrechnungen kann alles dabei sein. Doch was ist, wenn eine längst vergessene Rechnung viel zu spät – beispielsweise erst Jahre später – im Briefkasten landet? Wann verjähren Rechnungen eigentlich?
Inhalte zu Verjährung von Rechnungen & Forderungen
- Was bedeutet Verjährung?
- Ab wann verjährt eine Rechnung?
- Verjährungsfristen zu Rechnungen im Überblick
- Verjährung bei Handwerkerrechnungen
- Verjährung bei Kapitalanlagen
- Verjährungsfrist stoppen: Hemmung der Verjährung
- Verlängerung durch Mahnungen?
- Einrede der Verjährung: Bedeutung & Verzicht
- Einrede der Verjährung: Muster
- Verzicht auf Einrede der Verjährung
Ebenso kann es aber den umgekehrten Fall geben: Wenn beispielsweise ein Handwerker ordnungsgemäß seine Arbeit verrichtet hat, der Auftraggeber und Schuldner der Rechnung aber nicht innerhalb der festgelegten Frist zahlt. Wir haben mit Rechtsanwältin Stephanie Spormann, Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB, gesprochen, die Dir erklärt, wann Rechnungen bzw. Forderungen verjähren, welche Verjährungsfristen gelten, was die Einrede der Verjährung ist und wie man die Verjährung hemmen kann.
Was bedeutet Verjährung?
Der Begriff „Verjährung“ bedeutet, dass der Schuldner nach einem bestimmten Zeitablauf das Recht hat, die von ihm verlangte Leistung zu verweigern. Der Anspruch ist dann juristisch nicht mehr durchsetzbar (vgl. §§ 194, 195, 199 BGB).
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Ab wann verjährt eine Rechnung?
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt, dass die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre beträgt, so Rechtsanwältin Spormann. Die Verjährungsfrist einer Rechnung beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und sobald der Gläubiger vom Anspruch der begründenden Umstände und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt, oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen könnte.
Übrigens: „Früher war alles besser“. Dieser Spruch gilt auch für Verjährungsfristen von Rechnungen, zumindest aus Sicht von Gläubigern. Denn bis zum 31.12.2001 hatten diese noch 30 Jahre lang Anspruch auf ihr Geld.
Verjährungsfristen zu Rechnungen im Überblick
Die wichtigsten Verjährungsfristen im Zusammenhang mit Rechnungen finden Sie in folgender Tabelle:
Grund des Anspruchs | Beginn der Verjährung | Verjährungsfrist |
---|---|---|
Kaufpreis oder Rechnung | Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Rechnungssteller vom Anspruch wusste bzw. hätte wissen müssen | Grundsätzlich 3 Jahre |
Mängelgewährleistungs-ansprüche im Kaufrecht | Übergabe bei Grundstücken, im Übrigen Ablieferung der Sache | Grundsätzlich 2 Jahre Beachte: Bei arglistigem Verschweigen des Mangels durch den Verkäuferbeträgt die Verjährungsfrist drei Jahre |
Mängelrechte im Werkrecht (Herstellung, Wartung, Veränderung einer Sache, Planungs- oder Überwachungsarbeiten) | Abnahme des Werks | Grundsätzlich 2 Jahre |
Mängel an Bauwerken | Übergabe des Grundstücks bzw. Abnahme des Werks | 5 Jahre |
Verjährung bei Handwerkerrechnungen
Die Voraussetzungen zur Verjährung einer Rechnung sind bei Handwerkerleistungen meist eindeutig anwendbar. Die Verjährungsfrist beginnt bei Handwerkerrechnungen, sobald der Auftraggeber die Arbeit des Handwerkers abgenommen hat.
Wenn sich der Auftraggeber ohne ersichtlichen Grund weigert, die geleistete Arbeit abzunehmen, darf der Handwerker eine Abnahmefrist setzen, so Rechtsanwältin Spormann. Hierdurch kommt es nach Ablauf der Frist zu einer sogenannten stillschweigenden Abnahme und die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf desselben Jahres.
Allerdings sollten Handwerker beachten, dass sich der Beginn der Verjährungsfrist auf das nächste Jahr verschiebt, wenn die Abnahmefrist über den Jahreswechsel abläuft.
Verjährung einer Rechnung: Beispiel Handwerker
Du hast im April 2022 Handwerker zur Renovierung deiner Wohnung engagiert. Die Rechnung erhältst du im Juni 2022. Die Verjährungsfrist beginnt demnach mit Abschluss des Jahres 2022 – also mit Ablauf des 31.12.2022. Die Verjährung tritt dann drei Jahre später – also mit Ablauf des 31.12.2025 ein. Also ist der Anspruch aus der Handwerkerrechnung erst ab dem 01.01.2026 verjährt.
Verjährung bei Kapitalanlagen
Bei Kapitalanlagen sieht die rechtliche Lage noch etwas komplizierter aus. Denn dort gibt es keine einheitlichen Urteile, wie folgendes Beispiel zeigt:
Verjährung einer Rechnung: Beispiel Kapitalanlage
Du lässt dich bei einer Bank im September 2018 beraten, bekommst eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds vermittelt und erhältst einen Prospekt über den Fonds. Leider verlierst du durch die Investition nach fünf Jahren viel Geld und verlangst daher Schadenersatz wegen fehlerhafter Beratung. Zwar ist in dem Fall dein Anspruch im Jahr 2018 entstanden, allerdings ist nicht sicher, wann du davon erfahren hast, dass die Beratung falsch war. Bei Kapitalanlagefällen entscheiden die Gerichte unterschiedlich. Nach der Rechtsprechung ist für den Beginn der Verjährung nicht ausschließlich entscheidend, wann das Prospekt übergeben wurde.
Die Verjährungsfrist kann also bei Kapitalanlagefällen nicht eindeutig festgestellt werden. Häufig verschiebt sich die Verjährung von Forderungen zu Gunsten des Schuldners nach hinten, jedoch handelt es sich hierbei um Einzelfallentscheidungen. Außerdem gibt es eine maximale Frist für die Verjährung: Der Gesetzgeber hat eine Grenze von dreißig Jahren festgelegt.
Verjährungsfrist stoppen: Hemmung der Verjährung
Nicht nur bei Kapitalanlagen, sondern auch in anderen Bereichen kann sich die Verjährungsfrist unter bestimmten Umständen verändern. „Bei der sogenannten Hemmung der Verjährung kann diese zeitweise unterbrochen werden oder von Neuem beginnen“, erklärt Rechtsexpertin Spormann.
Gründe für eine Hemmung der Verjährung können beispielsweise Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner oder die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs beispielsweise durch einen Mahnbescheid oder eine Klage sein.
Zu einem Neubeginn der Verjährungsfrist kommt es, wenn der Schuldner den Anspruch bereits zum Teil erfüllt hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn er dem Handwerker eine Abschlagszahlung zukommen lässt oder eine gerichtliche Vollstreckung vollzogen wird. In diesen Fällen beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren erneut.
Verlängerung durch Mahnungen?
Damit Rechnungen nicht verjähren, sollte man als Gläubiger möglichst schnell Rechnungen stellen und Zahlungseingänge überprüfen. Wenn Schuldner ihre Rechnungen nicht fristgemäß begleichen, sollte der Gläubiger mahnen und anschließend das gerichtliche Mahnverfahren einleiten oder Klage erheben, rät Rechtsanwältin Spormann.
Denn auch wenn drei Jahre zunächst ziemlich lang klingen, können sie schneller vergehen als man denkt. Schließlich werden mit jeder Mahnstufe neue Fristen gesetzt und somit verstreicht weitere Zeit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist.
Aber Vorsicht beim Mahnbescheid: Dieser hemmt nur maximal sechs Monate die Verjährung, wenn nicht das gerichtliche Verfahren angestrebt wird.
Häufig wird irrtümlich angenommen, dass Mahnungen einen Einfluss auf die Dauer der Verjährungsfrist haben. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn eine Klage oder ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet werden oder der Schuldner die Forderung schriftlich anerkennt.
Einrede der Verjährung: Bedeutung & Verzicht
Wenn die dreijährige Verjährungsfrist verstrichen ist, erlischt laut Rechtsanwältin Spormann die Zahlungspflicht nicht automatisch: Der Schuldner muss die sogenannte Einrede der Verjährung auch erheben. Hierbei handelt es sich um eine einseitige Erklärung.
Einrede der Verjährung: Muster
Eine solche Einrede wegen Verjährung sollte folgende Aspekte enthalten:
- Datum
- Rechnungsnummer
- Geforderter Betrag
- Hinweis darauf, dass man unter Berufung auf § 214 Abs. 1 BGB vom Recht auf Einrede der Verjährung Gebrauch macht
Die Einrede der Verjährung kann übrigens auch noch im Gerichtsverfahren erklärt werden.
Übrigens: Wenn man irrtümlicherweise trotz Verjährung eine Forderung begleicht, kann man dies nicht zurückfordern. Vorsicht ist mit der Einrede der Verjährung geboten, wenn mit der anderen Person eine laufende Geschäftsbeziehung besteht. Grundsätzlich ist es möglich mit verjährten Forderungen die Aufrechnung zu erklären. So können andere Rechnungsbeträge also mit alten Forderungen verrechnet werden. Das ist bei laufenden Geschäftsbeziehungen in der Praxis durchaus üblich ergänzt die Juristin.
Verzicht auf Einrede der Verjährung
Es ist auch möglich auf die Einrede der Verjährung schriftlich zu verzichten, sodass die Rechnung bzw. Forderung nicht verjährt. Der Verzicht kann befristet und bedingt erklärt werden. Doch wann ist dies sinnvoll?
Das Mittel des Verzichts auf die Einrede der Verjährung wird vor allem dann angewendet, wenn die Parteien versuchen sich außergerichtlich zu einigen. Wenn der eigentliche Termin der Verjährung innerhalb der Verhandlungszeit liegt, müsste ein Mahnbescheid beantragt oder Klage eingereicht werden. Beides verursacht aber wiederrum teils erhebliche Gerichtskosten, Anwaltskosten und Zeitaufwand. Diese Konsequenzen können durch den Verzicht auf die Einrede der Verjährung vermieden werden. Denn die Verjährung spielt nach dem Verzicht auf die Verjährung nun keine Rolle mehr in den Verhandlungen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29. Mai 2019 veröffentlicht und am 05. Juni 2023 aktualisiert (Haftungsausschluss).
Unsere Partneranwältin
Stephanie Elisabeth Spormann ist als Rechtsanwältin in der Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater an den Standorten Köln und Frechen tätig. Während ihres Studiums absolvierte sie u.a. ein Verwaltungspraktikum bei der Abteilung Rechtsberater des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr und Wehrdisziplinaranwaltschaft in Koblenz. Frau Spormann ist seit Oktober 2020 im Dezernat Medizinrecht der Sozietät Bietmann tätig. Neben sämtlichen Themen aus dem allgemeinen Zivil- und Vertragsrecht, liegen Ihre Tätigkeitsschwerpunkte auf den Gebieten Medizinrecht, Recht der Krankenversicherungen und Arzthaftungsrecht.
Stephanie Spormann
Sozietät Bietmann