Immer häufiger kann man sie auch auf den Armaturenbrettern deutscher Autos sehen: Dashboard-Kameras, kurz Dashcams. Aber sind die überhaupt erlaubt? Und was muss ich beachten, wenn ich einen Unfall auf Video aufgezeichnet habe? ROLAND-Partneranwalt und Datenschutzexperte Frank W. Stroot von der Kanzlei bpl Rechtsanwälte Stroot & Kollegen in Osnabrück hat mir die Rechtslage erklärt.
Zunächst einmal: Was ist eine Dashcam überhaupt?
Eine Dash Cam ist eine kleine Kamera, die auf dem Armaturenbrett oder an der Frontscheibe im Auto montiert wird. Die Kamera schaltet sich mit der Zündung ein und aus. Technisch ist es möglich, dass das Gefilmte in kurzen Sequenzen gespeichert wird. Ist der Speicher dann einmal voll, wird die älteste Aufnahme überschrieben. So kann die Dash Cam unendlich lange aufnehmen. Außerdem ist es bei manchen Dashcams durch einen Sensor möglich, dass die Kamera die Aufnahme automatisch erst bei einem Unfall startet.
Viele Dashcam-Inhaber möchten sich mit den Aufnahmen absichern, damit im Falle eines Verkehrsunfalls nachvollziehbar ist, was passiert ist. Schließlich besitzen manche Kameras sogar Beschleunigungssensoren, die registrieren, wenn es kracht. Dann wird die Aufnahme dauerhaft abgespeichert und nicht mehr überschrieben.
Aber: Darf ich mit einer Dashcam überhaupt im Straßenverkehr filmen?
Diese Frage kann nicht ganz eindeutig beantwortet werden. Denn: „Grundsätzlich haben die anderen Verkehrsteilnehmer das Recht auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten und zur informationellen Selbstbestimmung“, so Rechtsanwalt Frank W. Stroot. „Das heißt: Laut datenschutzrechtlichen Bestimmungen dürfen Sie den Straßenverkehr nicht ohne Anlass und ohne automatisches Überschreiben pausenlos filmen.“ Schließlich sollen die Bürger nicht den Job der Polizei übernehmen und andere Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr überwachen oder gar erziehen.
Andererseits hat der Bundesgerichtshof im Mai 2018 die Entscheidung getroffen, dass Dashcam-Aufnahmen in bestimmten Fällen trotzdem als Beweismittel vor Gericht zulässig sind. „Das BGH-Urteil besagt, dass die Verwertung der Aufnahmen unter bestimmten Voraussetzungen zur Aufklärung eines Unfallhergangs zulässig ist. Das jeweils zuständige Gericht muss prüfen, ob die Aufklärung des Unfallhergangs höher zu bewerten ist als die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten“, sagt Frank W. Stroot.
Die Rechtslage ist also wie folgt:
- Die reine Installation einer Dashcam im Auto ohne eine Aufzeichnung ist erlaubt.
- Das dauerhafte Filmen – zum Beispiel um einen etwaigen Unfall aufzunehmen – ist verboten und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Aber: Unter bestimmten Voraussetzungen könnte das Unfall-Video vom Gericht als Beweismittel zugelassen werden.
- Bei einer Dashcam, bei der du als Fahrer auf den Aufnahmeknopf drückst, weil du vermutest, dass es unmittelbar zu einem Unfall kommen könnte oder die sich nur in diesem Fall automatisch aktiviert, könnte diese Nutzung datenschutzrechtlich akzeptabel sein. Unter diesen Voraussetzungen könnte das Gericht das Video als Beweismittel zulassen.
„Mit dem Urteil hat sich der BGH davon verabschiedet, die Verwertung von Dashcam-Aufnahmen generell zu verbieten. Allerdings hat er offen gelassen, was nun legal zulässig ist“, erklärt Rechtsanwalt Stroot. In der Tat ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass man in einer brenzligen Situation im Straßenverkehr noch Zeit hat bzw. daran denkt, die Dash Cam-Aufnahme zu starten.
Was jedoch ganz eindeutig ist: Es ist verboten, im Straßenverkehr gefilmtes Material, auf dem fremde Personen zu sehen sind, online zu stellen oder anderweitig zu veröffentlichen. „Dies wäre eine klare Verletzung des Persönlichkeitsrechts“, so der Datenschutzexperte.
Wann sind Dashcams legal?
Grundsätzlich ist es verboten, Aufnahmen mit einer Dashcam in deinem Auto zu erstellen. Solltest du dagegen verstoßen und deine Dashcam doch für Videoaufnahmen nutzen, besteht ein Bußgeldrisiko. Dieses wäre umso geringer, je weniger Daten deine Dashcam aufzeichnet. Technisch ist es übrigens möglich, dauerhafte Aufzeichnungen zu vermeiden und lediglich eine kurzzeitige, anlassbezogene Speicherung im Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen vorzunehmen. Ein Bewegungssensor löst dann bei einer Kollision oder starken Verzögerung des Fahrzeugs die Aufnahme aus. Bei rechtswidrig erlangten Aufnahmen nimmt das Gericht eine Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall vor: Je schwerer damit der Datenschutzverstoß wiegt, desto größer müssen deine Interessen sein, damit die Aufnahmen als Beweismittel zugelassen werden. „Nach wie vor gibt es aber keine eindeutige gesetzliche Regelung dazu“, erklärt Frank W. Stroot.
Kann ich auch mein Smartphone zum Filmen verwenden?
Sowohl im Google-Play-Store für Android als auch in Apples iTunes-Store für iPhones gibt es inzwischen Apps mit den Funktionen einer Dashcam. Dabei gilt das Gleiche: Die jeweilige App darf nicht dauerhaft speichern, und sie sollte nur die kritische Szene etwa eines Unfalls automatisch sichern. Von den meisten dieser Apps gibt es kostenlose bzw. günstige Test-Versionen, mit denen du überprüfen kannst, was die App genau speichert.
Was ist, wenn meine Dashcam einen Parkunfall an meinem stehenden Fahrzeug aufgezeichnet hat?
Die Armaturenbrett-Kamera als stummer Überwacher deines geparkten Autos – klingt verlockend, oder? Auch hier gilt: Wenn du belegen kannst, dass die Aufnahme erst durch die Erschütterung des Aufpralls gespeichert wurde, könntest du das Video-Material als Beweis vorlegen. Die Chancen, die Aufnahme dann auch verwerten zu können, sind hoch. Übrigens: Damit die Aufnahmen auch tatsächlich als Beweis nutzbar sind, sollte die Kamera über einen Weitwinkel und eine gute Bildqualität verfügen.
Fazit
Nach wie vor ist die Rechtslage im Hinblick auf Armaturenbrett-Kameras unklar. Im Dashcam-Urteil von Mai 2018 hat der Bundesgerichtshof zwar festgelegt, dass Dashcam-Videos potenziell als Beweismittel verwendet werden dürfen. Weitere Details – das heißt, unter welchen Bedingungen, wie und mit welchen Geräten gefilmt werden darf – hat der BGH aber nicht mitgeteilt. Solltest du eine Dashcam nutzen (wollen), musst du dir also bewusst sein, dass du dich damit (noch) in einer rechtlichen Grauzone bewegst.
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 18. September 2018 veröffentlicht (Haftungsausschluss).
Unser Partneranwalt
Rechtsanwalt und Steuerberater Frank W. Stroot ist Inhaber der Wirtschaftsrechtskanzlei bpl Rechtsanwälte Stroot & Kollegen in Osnabrück. Neben seinen Qualifikationen als Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Insolvenzrecht hat er sich umfangreiche datenschutzrechtliche Expertise erworben, die auch durch die erfolgreiche Prüfung zum Datenschutzbeauftragter (TÜV) belegt wird. Seine Kanzlei vertritt Unternehmen und Verbraucher insbesondere im Arbeitsrecht, Verkehrsrecht, Schadenersatzrecht, Datenschutzrecht und Insolvenzrecht.
Frank W. Stroot
Wirtschaftsrechtskanzlei bpl Rechtsanwälte Stroot & Kollegen