Ausfüllen einer Steuererklärung.

Steuerhinterziehung: Auch unwissentlich strafbar!

Business & Firma

Welcher Begriff rangiert weit oben in der Liste der bekanntesten Kavaliersdelikte? Richtig, wer ein Vergehen benennen soll, welches des Öfteren als „nicht so schlimm“ erachtet wird, landet schnell bei der Steuerhinterziehung. Wer bei der Erstellung seiner Steuererklärung nicht alle Angaben korrekt gemacht hat, gilt hier zu Lande nicht gleich als Verbrecher, doch eine Freiheitsstrafe kann dennoch drohen.

„Beträgt die Summe der Steuerhinterziehung über eine Million Euro, so droht dem Täter eine Gefängnisstrafe und womöglich eine Geldstrafe obendrein. Die Chance, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, besteht in diesem Bereich allerdings nicht mehr.“

Martin Schmidt-John

Fachanwalt für Insolvenzrecht und Steuerberater

Schon an diesem Beispiel sieht man, dass der Gesetzgeber zum Thema Steuerbetrug eine völlig andere Meinung hat als viele Menschen in Deutschland. Apropos Deutschland: Wie hoch der durch Steuerhinterziehungen entstandene Schaden für den Staat ist, kann man nur schätzen. Experten gehen allerdings davon aus, dass bei uns Steuern im Umfang von ca. 125 Milliarden Euro hinterzogen werden.

Doch was versteht man unter einer Steuerhinterziehung und ab wann genau hat man Steuerbetrug begangen? Diese und andere Fragen wollen wir in diesem Ratgeber für Sie beantworten. Etwa, ob man als Unternehmer eine Steuerhinterziehung auch unwissentlich begehen kann, was der Strafenkatalog besagt und wie hoch Bußgelder ausfallen können.

Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf die unterschiedlichen Verjährungsfristen bei Steuerbetrug, und ob man sich mit einer Selbstanzeige vor Strafe schützen kann

Was ist Steuerhinterziehung eigentlich?

„Eine Steuerhinterziehung bzw. einen Steuerbetrug begeht, wer gemäß Paragraph 370 der Abgabenordnung (AO) zu steuerlich erheblichen Tatsachen vorsätzlich entweder falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat oder das Finanzamt hierüber in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“.

Um eine Steuerhinterziehung bejahen zu können, müssen demnach insgesamt drei Tatbestandsmerkmale gegeben sein.

  • Der Steuerpflichtige muss gegenüber dem Finanzamt unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht haben oder das Finanzamt hierüber in Unkenntnis lasst, die dazu geeignet sind, einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil zu erzielen.
  • Seine Tat muss beim Finanzbeamten einen Irrtum ausgelöst haben, was wiederum zur Folge hatte, dass die Steuern entweder nicht korrekt oder zu spät festgesetzt wurden.
  • Der Steuerpflichtige muss vorsätzlich gehandelt haben. Juristisch ausgedrückt: Er muss den „Steuererfolg“ gewollt oder ihn zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Wenn der Steuerpflichtige von Tatbestandsmerkmalen keine Kenntnis hatte, kann ein solcher Tatbestandsirrtum bei fehlendem Vorsatz eine leichtfertige Steuerverkürzung begründen. Im Falle eines Verbotsirrtums, d. h der Steuerpflichtige wusste nicht, dass er mit seinem Tun gegen das Gesetz verstößt, bleibt zwar die Steuerhinterziehung bestehen. Allerdings kann eine Milderung der Strafe in Frage kommen.

Beim vergleichsweise „leichteren“ Fall von Steuerhinterziehung, auch Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung durch Unterlassen genannt, wird regelmäßig kein gerichtliches Steuerstrafverfahren eröffnet. Die Straf- und Bußgeldstelle der jeweiligen Finanzbehörde prüft stattdessen, in welchem Maß dem Steuerpflichtigen das Außerachtlassen seiner steuerlichen Verpflichtungen vorgeworfen werden kann. Als Folge seines leichtfertigen Verhaltens drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

Als häufigster Fall kann hierzu wohl die verspätete Abgabe der Steuererklärung genannt werden. Wenn der Steuerpflichtige davon gar keine Kenntnis hatte, da die Steuererklärung stets von seinen Angestellten abgegeben wird, geht man in der Regel von einer leichtfertigen Steuerverkürzung aus. In dem Fall wird wegen einer Steuerordnungswidrigkeit lediglich ein Bußgeld verhängt.

Verzögert der Steuerpflichtige dagegen ganz bewusst eine rechtzeitige Abgabe, droht wegen vorsätzlichem Verhalten eine Freiheitsstrafe, da in diesem Fall eindeutig ein Steuerbetrug vorliegt.

Damit nicht genug: Auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung und sogar der Versuch dazu sind strafbar. Beihilfe zur Steuerhinterziehung leistet zum Beispiel der Steuerberater, der ebenso wie sein Mandant über die unrichtigen Angaben Bescheid weiß.

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Ab wann begeht man Steuerhinterziehung?

Ab welchem Punkt wird man zum Straftäter, wenn die Steuererklärung nicht den gesetzlichen Vorgaben der Abgabenordnung (AO) entspricht? Wie erwähnt, kann bereits die Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein Steuerstrafverfahren für den Betroffenen nach sich ziehen.

„Sowohl Unternehmer als auch Privatpersonen können unwissentlich eine Steuerhinterziehung begehen. Wer eine unfreiwillige bzw. unwissentliche Steuerhinterziehung vermeiden will, sollte die Steuererklärung im Zweifel von einem Profi erledigen lassen“, meint Rechtsanwalt Martin Schmidt-John.

Denn, wenn schon die nicht beabsichtigte, verspätete Abgabe einer Steuererklärung strafrechtliche Folgen haben kann, wie schnell droht dem Neueinsteiger bei sonstigen Vorschriften eine in der Abgabenordnung verankerte Straftat?

Dazu zählen etwa unrichtige Angaben zu Geschäftsessen mit Partner oder Freunden, Geschenke an den Geschäftspartner mit Bestechungshintergrund oder der privat genutzte Firmenwagen, der nicht angegeben wird. Ebenso kann man sich bei der Beantragung von Kindergeld strafbar machen, wenn falsche oder unvollständige Angaben gemacht werden.

Im krassen Gegensatz dazu stehen Fälle von bewusster und beabsichtigter Steuerhinterziehung. Wenn etwa der Steuerpflichtige in Zusammenarbeit mit seinem Steuerberater einzureichende Belege nachmacht oder verfälscht verwendet und damit gleichzeitig eine Urkundenfälschung begeht, muss er auf die Anzeige wegen Steuerhinterziehung nicht lange warten. Die Frage ist: Was konkret droht den Steuersündern in solchen oder ähnlich gelagerten Fällen?

Was passiert bei Steuerhinterziehung? Strafen & Bußgelder

Nach dem bisher Gesagten darf man sich von der Vorstellung, ein Steuerbetrug komme einem Kavaliersdelikt gleich, getrost verabschieden. Mit der Vorenthaltung der zu zahlenden Steuern werden dem Staat Gelder entzogen, die für das Gemeingut vorgesehen sind und damit vielen Menschen nicht mehr zugutekommen. Aus diesen Gründen ist die Steuerhinterziehung als Delikt eingestuft, und deswegen werden Steuersünder nach der AO unter Umständen auch mit einer Freiheitsstrafe belegt.

Rechtsanwalt Martin Schmidt-John führt hierzu aus: „Man kann sagen, je höher der Betrag der Steuerhinterziehung und damit der entstandene Schaden, desto höher das Strafmaß.“ Neben Geldstrafen sind dabei auch Freiheitsstrafen möglich.

Während bei einer Steuerhinterziehungssumme bis zu 1.000 Euro das Steuerstrafverfahren meistens unter Geldauflage eingestellt wird, kommt es bei Beträgen bis 50.000 Euro zur Anzeige und zur strafrechtlichen Verfolgung der Steuerhinterziehung. In diesen Fällen kann dann eine Geldstrafe verhängt werden. Freiheitsstrafen drohen dagegen neben einer Geldstrafe bei einer Steuerhinterziehung von mehr als 50.000 Euro. Diese kann jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden.

Übersteigt die Summe der Steuerhinterziehung den Betrag von 1 Million Euro, ist eine Bewährungsstrafe allerdings ausgeschlossen.

Wann verjährt Steuerhinterziehung?

Auch Straftaten wie die einer Steuerhinterziehung können verjähren. Dabei sind drei verschiedene Verjährungsarten zu unterscheiden, die nicht nur unterschiedliche Hintergründe besitzen, sondern auch verschiedene Zwecke erfüllen.

  • Festsetzungsverjährung: Ist sie eingetreten, ist seitens des Finanzamts kein Steuerbescheid mehr möglich. Die Frist dauert bei Verbrauchssteuern ein Jahr, bei allen anderen Steuern vier Jahre. Sie verlängert sich aber im Falle einer leichtfertigen Steuerverkürzung auf fünf, bei einer Steuerhinterziehung auf zehn Jahre. Die Anfechtung von Bescheiden, Anträge auf Änderungen oder etwa die Ermittlungen von Fahndungsbehörden können eine Fristverlängerung bewirken.
  • Zahlungsverjährung: Gemäß Paragraf 228 Satz 1 AO (Abgabenordnung) beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre, wonach ein bereits festgestellter Steuerzahlungsanspruch durchgesetzt werden kann. Auch hier kann sich die Frist bei Steuerstraftaten bzw. entsprechender Ordnungswidrigkeiten auf zehn Jahre verlängern.
  • Strafverfolgungsverjährung: Eine Steuerstraftat kann gemäß Paragraf 370 und 370a AO nach Ablauf der Strafverfolgungsverjährung strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden. Dabei muss man zwischen der einfachen Steuerhinterziehung (5 Jahre) und der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall (seit 2021: 15 Jahre) unterscheiden. Mit Vorliegen des entsprechenden Bescheides beginnt die Frist zu laufen. Die Frist hinsichtlich eines Steuerbetruges beginnt dagegen bereits mit der Abgabe einer falschen oder unvollständigen Steuererklärung.

Rechtsanwalt Martin Schmidt-John ergänzt zu diesen Fällen: „Bevor die Tat entdeckt wurde und bevor eine Anzeige wegen Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung oder ein entsprechendes Verfahren eingeleitet ist, besteht noch die Möglichkeit zur Selbstanzeige.“

Welche Vorteile bietet eine Selbstanzeige?

Ist die Anzeige wegen Steuerhinterziehung erfolgt bzw. das Steuerstrafverfahren eröffnet, so ist es für eine Selbstanzeige zu spät. Bis zu diesem Zeitpunkt kann wiederum gemäß Paragraf 371 AO die strafbefreiende Selbstanzeige zur Geltung kommen. Danach bleibt der Steuerpflichtige bzw. Steuerstraftäter straffrei, selbst wenn die Steuerhinterziehung tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht ist.

Nur wer sich als Steuersünder vollständig reuig zeigt, darf auf Straffreiheit hoffen. Dazu muss er gegenüber dem Finanzamt sämtliche Angaben berichtigen und unvollständige Angaben ergänzen bzw. nachholen. Dies gilt nicht, wenn die Tat vom Finanzamt bereits entdeckt wurde und der Steuerpflichtige mit der Entdeckung rechnen musste. Gleiches gilt für den Fall, wenn wegen der Höhe der Hinterziehungssumme ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt.

„Ist die Selbstanzeige jedoch wirksam abgegeben und die verkürzte Steuer einschließlich Zinsen bezahlt worden, wird der Steuersünder strafrechtlich nicht wegen Steuerhinterziehung belangt werden“, so Rechtsanwalt Martin Schmidt-John.

Allerdings bleibt davon die Strafzahlung, die bei einer schweren Steuerhinterziehung anfällt, unberührt, auch wenn die Strafverfolgung wegen einer begangenen Steuerhinterziehung nicht weiter stattfindet. Diese Strafzahlung ist nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages gestaffelt: Bei bis zu 100.000 Euro muss der Steuerpflichtige 10 Prozent der hinterzogenen Steuer zahlen. Zwischen 100.000 und 1.000.000 Euro sind es bereits 15 Prozent. Darüber hinaus beläuft sich die Strafzahlung sogar auf 20 Prozent.

Fazit: Steuerhinterziehung in Deutschland auch unwissentlich strafbar

Steuerhinterziehungen sind keine Kavaliersdelikte. Schon gar nicht, wenn man weiß, dass eine solche Straftat den Steuersünder ab einem bestimmten Hinterziehungsbetrag sogar ins Gefängnis bringen kann. Bedenkt man zusätzlich, dass der Straftatbestand der Steuerhinterziehung in Deutschland zudem unwissentlich begangen werden kann, so ist die Falschangabe bei einer Steuererklärung mit ganz anderen Augen zu betrachten.

Gerade wenn Ungemach aus Unwissenheit droht, tut der Steuerpflichtige gut daran, sich von einem Fachmann beraten zu lassen. Erst die Unterstützung durch einen Steuerexperten garantiert den ordnungsgemäßen Ablauf der persönlichen bzw. unternehmerischen Steuerangelegenheiten. Daher sollte man den Gang zum Steuerberater nicht scheuen, wenn man selbst weder über eine entsprechende Expertise noch über ausreichend Zeit verfügt, die Steuererklärung rechtzeitig zu erstellen.

Im Übrigen dient eine sich auf diesem Weg ergebende saubere Bilanzierung auch dem positiven Zweck, zukünftig einem vielleicht drohenden Insolvenzverfahren vorzubeugen.

Daher: Vorsicht ist grundsätzlich geboten, wenn es an die nächste Steuererklärung geht!

Älterer Mann steht in einem Bürogebäude. Er trägt einen Anzug, hat die Arme verschränkt und lächelt. Hinter ihm stehen weitere Menschen in Business-Kleidung.

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Dieser Artikel wurde ursprünglich am 29. Oktober 2021 veröffentlicht (Haftungsausschluss).

Unser Partneranwalt

Rechtsanwalt und Steuerberater Martin Schmidt-John ist seit 1991 als Rechtsanwalt und seit 1995 als Steuerberater zugelassen und seit 2004 Partner der Kanzlei Thun, Steiner & Partner in Norderstedt. Schwerpunkt der Tätigkeit von Martin Schmidt-John ist die Beratung von Unternehmen bei Unternehmens- und Vermögensnachfolge, sowie von Mandaten bei Selbstanzeigen. Er ist Fachanwalt für Insolvenzrecht und ist außerdem tätig auf den Gebieten des Arbeitsrechts, Bankrechts sowie des Handels- und Gesellschaftsrechts.

Martin Schmidt-John

Martin Schmidt-John

Kanzlei Thun, Steiner & Partner

Dieser Beitrag ist Teil der Serie „Firmenrechtsschutz“