Krankschreibung
Digitale Krankmeldung, Genesungsurlaub & Co. – was Arbeitnehmer wissen müssen
Digitale Krankmeldung, Genesungsurlaub & Co. – was Arbeitnehmer wissen müssen
Krankmeldung und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: ROLAND-Partneranwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Kathrin Thienhaus von der Rechtsanwaltskanzlei Bietmann in Köln klärt die wichtigsten Fragen für Arbeitnehmer: Wie funktioniert eine Krankmeldung seit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung? Dürfen Angestellte trotz Krankschreibung arbeiten oder sogar verreisen? Dürfen sie trotz der Krankschreibung ein Vorstellungsgespräch wahrnehmen?
Köln, 14. März 2024
Für gesetzlich Krankenversicherte gibt es seit dem 1. Januar 2023 in Deutschland eine neue Regelung – die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer ärztlich feststellen lassen. „Der feststellende Arzt übermittelt die Daten sodann elektronisch an die Krankenkasse des Patienten. Die Krankenkasse erstellt ihrerseits eine Meldung, die der Arbeitgeber elektronisch abrufen kann. Der Arbeitnehmer erhält weiterhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform, um im Streitfall die Erfüllung seiner Feststellungspflicht nachweisen zu können,“ sagt Rechtsanwältin Thienhaus. Sie weist außerdem darauf hin, dass der Arbeitgeber auch berechtigt ist, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher zu verlangen, zum Beispiel ab dem ersten Krankheitstag.
Von der Feststellungspflicht der Arbeitsunfähigkeit ist die vorherige Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber zu unterscheiden, sagt die ROLAND-Partneranwältin: „Der erkrankte Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer weiterhin unverzüglich, wenn möglich vor Beginn der persönlichen Arbeitszeit, mitteilen.“
Dies bedeutet, so Anwältin Thienhaus, dass sich für Arbeitnehmer an der rechtzeitigen Anzeigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber nichts ändert. Lediglich die Nachweispflicht durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform wird durch eine Feststellungspflicht abgelöst. Der Arbeitnehmer muss das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer nur noch feststellen lassen und sich aus Beweisgründen eine ärztliche Bescheinigung aushändigen lassen, zum Beispiel für den Fall einer technischen Störung im digitalen Abrufverfahren.
Der Husten hat sich gebessert und das Fieber gehört der Vergangenheit an: Jetzt schnell zurück an die Arbeit. Darf ein Arbeitnehmer trotz der Krankschreibung vom Arzt wieder zur Arbeit kommen? Dazu gibt es von Anwältin Kathrin Thienhaus eine klare Antwort: „Eine Krankschreibung ist nicht mit einem Beschäftigungsverbot gleichzusetzen, sondern gibt nur eine Prognose über den voraussichtlichen Krankheitsverlauf. Trotz Krankschreibung zu arbeiten ist daher grundsätzlich erlaubt. Nimmt der Mitarbeiter seine Arbeit frühzeitig wieder auf, ist er auch unfall- und krankenversichert.“
Was Arbeitnehmer jedoch beachten müssen, ist die Einschätzung des Arbeitgebers über ihren Gesundheitszustand. „Der Arbeitgeber kann, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, den eigenen Arbeitnehmer auch wieder nach Hause schicken, wenn nach seiner Einschätzung der Gesundheitszustand nicht für die auszuführende Tätigkeit ausreicht“, so die ROLAND-Partneranwältin.
Was dürfen Arbeitnehmer während der Krankschreibung? Das ist laut Fachanwältin Kathrin Thienhaus nicht pauschal zu beantworten, eines ist jedoch klar: „Die Genesung sollte bei einem krankgeschriebenen Menschen im Mittelpunkt stehen. Je nachdem, welche Erkrankung vorliegt, ist etwa ein Besuch im Restaurant durchaus gesundheitsfördernd und damit erlaubt. Das kann auch heißen, Lebensmittel zu besorgen, ein Konzert zu besuchen oder je nach Erkrankung auch ein paar Tage am Meer - zu Erholungszwecken und damit zur Krankheitslinderung - zu verbringen. Auf der sicheren Seite sind Arbeitnehmer, die sich an die Anweisung ihres behandelnden Arztes halten.“
Mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen von Abmahnung bis hin zum Ausspruch einer Kündigung sei laut Thienhaus zu rechnen, wenn Betroffene Aktivitäten durchführen, die der Genesung entgegenstehen. „Dabei kommt es jedoch stets auf den Einzelfall an,“ weiß die Fachanwältin für Arbeitsrecht zu berichten.
Das ist laut Kathrin Thienhaus durchaus möglich: „Wenn die Genesung des Angestellten durch die Vorstellung bei einem anderen Unternehmen nicht beeinträchtigt wird, ist dies unter Umständen auch während einer Krankschreibung unbedenklich, beispielsweise bei Knochenbrüchen oder vergleichbaren Krankheitsgründen. Dann kann der Mitarbeiter ggf. nicht arbeiten, aber ein Gespräch führen. Entscheidend ist, dass sich Mitarbeiter während ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht gesundheitsschädigend verhalten dürfen. Ansonsten können sie eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung riskieren.“
Kathrin Thienhaus
Fachanwältin für Arbeitsrecht