Nicht erst bei einer Trennung oder Scheidung müssen sich Eltern mit dem Sorgerecht ihres Kindes befassen. Auch unverheiratete Paare, die ein Kind erwarten, sollten sich darüber informieren, wie das Sorgerecht des gemeinsamen Nachwuchses geregelt werden soll.
Köln, 13. Oktober 2021
Was es rund um das Thema rechtlich zu beachten gilt, erklärt Marie-Christine Wilbert, Partneranwältin von ROLAND Rechtsschutz, aus der Sozietät Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB. So viel ist jedenfalls sicher: Das Wohl des Kindes hat immer oberste Priorität – auch für die Gerichte.
Sorgerecht: Was heißt das überhaupt?
Viele verbinden mit der Sorgerechtsfrage lediglich die Entscheidung, wo die gemeinsamen Kinder nach einer Trennung oder Scheidung leben werden. Doch dahinter steckt noch viel mehr – vor allem verantwortungsvolle Pflichten, wie ROLAND-Partneranwältin Marie-Christine Wilbert weiß: „Das elterliche Sorgerecht regelt, wer die Entscheidungsbefugnisse für ein minderjähriges Kind innehat. Es umfasst im Kern die Personen-, Gesundheits- und Vermögenssorge. Die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten haben das Recht, aber auch die Pflicht, sowohl alltägliche Dinge, wie die Versorgung des Kindes, zu übernehmen, als auch Entscheidungen über wichtige Operationen zu treffen. Zum Beispiel, wo das Kind zur Schule geht oder die Vermögensverwaltung des Kindes.“
(Un)verheiratet: Welchen Unterschied macht die Ehe beim Sorgerecht?
Als verheiratetes Paar hat man es bei der Geburt des gemeinsamen Kindes etwas einfacher mit dem Papierkram: „Das gemeinsame Sorgerecht entsteht kraft Gesetz ganz automatisch, wenn die Eltern schon bei der Geburt verheiratet sind oder später heiraten“, so Marie-Christine Wilbert. Wer nicht verheiratet ist und das auch später nicht möchte, hat dennoch die Möglichkeit, das gemeinsame Sorgerecht zu regeln. „Unverheiratete Eltern können eine sogenannte Sorgeerklärung abgeben. Das muss in jedem Fall öffentlich beurkundet werden, also zum Beispiel beim Notar. Aber auch beim Jugendamt kann eine solche Erklärung rechtlich bindend abgegeben werden.“
Trennung oder Scheidung: Was ändert sich am gemeinsamen Sorgerecht?
„Nichts. Zumindest nicht ohne einen entsprechenden Antrag eines Elternteils“, erklärt Rechtsanwältin Marie-Christine Wilbert. Und auch dann muss das Gericht dem Antrag erst zustimmen. „Diesem wird dann stattgegeben, wenn man davon ausgehen kann, dass es dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Im schlimmsten Fall also zum Beispiel, wenn ein Elternteil das Kind misshandelt. Es ist stets eine Einzelfallentscheidung.“ Hat das Kind das vierzehnte Lebensjahr vollendet, kann es der Sorgerechtsübertragung übrigens widersprechen. „Jedoch muss das Gericht der Präferenz des Kindes nicht zwingend folgen. In Zweifelsfällen holt das Familiengericht ggf. ein familienpsychologisches Gutachten ein, bevor es über den Antrag auf Übertragung der alleinigen entscheidet. Entscheidend ist, was dem Wohl des Kindes am besten entspricht.“
Hart, aber fair: Wer darf welche Entscheidungen treffen?
Leben die gemeinsamen Kinder hauptsächlich bei einem Elternteil, hat dieses auch die Befugnis, Entscheidungen des täglichen Lebens zu treffen, ohne sich vorher mit dem Anderen abzustimmen. Dazu gehören laut Partneranwältin Marie-Christine Wilbert zum Beispiel „die medizinische Grundversorgung, wie Kontrolltermine, die Krankheitsentschuldigung für die Schule, die Freizeitgestaltung oder Taschengeldregelungen“. Wiederum gehören etwa die Wahl des Kindergartens oder der Schule, Einwilligungen in größere Operationen, der Umzug oder der Auslandsaufenthalt zu den Entscheidungen mit erheblicher Bedeutung. „Solche können nur nach Absprache und im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil getroffen werden“, erklärt Marie-Christine Wilbert. „Sollte keine Einigung erzielt werden, muss ein Elternteil ggf. die Übertragung der Entscheidungsbefugnis in dieser Sache auf sich beantragen. Dies betrifft dann nicht das Sorgerecht an sich, sondern lediglich diese eine individuelle Entscheidung.“
Unsere Partneranwältin
Rechtsanwältin Marie-Christine Wilbert ist in der Sozietät Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater PartmbB an den Standorten Frechen und Köln tätig. Ihr fachlicher Schwerpunkt liegt im allgemeinen Zivil- und Vertragsrecht sowie Familienrecht und Erbrecht. Die Sozietät Bietmann ist deutschlandweit mit insgesamt 11 Standorten vertreten. Neben ihrem Stammsitz in Köln gibt es beispielsweise Niederlassungen in Berlin, Erfurt, Euskirchen und München.
Marie-Christine Wilbert
Kanzlei Bietmann Rechtsanwälte Steuerberater