- Beim Rechtspolitischen Diskurs diskutierten Vertreter von Justiz, Anwaltschaft, Mediation, LegalTechs, Verbraucherschutz und Versicherungswirtschaft.
- Fazit: Es besteht die Gefahr, dass insbesondere Haushalte mit schwächeren Einkommen beim Zugang zum Recht benachteiligt werden könnten. Die Anwaltschaft wird sich in Zukunft auf komplizierte Fälle fokussieren müssen.
Köln, 6. Dezember 2021
„Der Zugang zum Recht 2030“ – so lautete das Thema einer Veranstaltung der ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG in der letzten Novemberwoche in Köln. Im Rahmen der mittlerweile fünften Veranstaltung der Reihe „Rechtspolitischer Diskurs“ diskutierten Vertreter der Justiz, der Anwaltschaft, der Mediation, der LegalTechs, des Verbraucherschutzes und der Versicherungswirtschaft darüber, wie die Deutschen in den kommenden Jahren zu ihrem Recht kommen. „Uns ist es gelungen, Vertreter aller für dieses Thema relevanten Bereiche ins Gespräch zu bringen und wir alle haben sehr spannende Erkenntnisse gewonnen“, so fasst Dr. Ulrich Eberhardt, Vorstand von ROLAND Rechtsschutz, die Veranstaltung zusammen.
Erste Impulse gaben Vorträge von Otmar Kury (Rechtsanwalt und Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer a.D.), Dr. Reiner Ponschab (Mediator), Robin Friedlein (Gründer und CEO Legal Hero GmbH), Barbara Stockinger (Co-Vorsitzende des Deutschen Richterbundes und Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München) sowie Dr. Ulrich Eberhardt. Ein heiß diskutierter Punkt war natürlich die zunehmende Automatisierung der Rechtsprozesse durch LegalTechs bis hin zu dem Zukunftsszenario, dass Rechtsstreitigkeiten außerhalb der Justiz mit einer Künstlichen Intelligenz gelöst werden könnten. So sieht Barbara Stockinger folgerichtig auch die größte Herausforderung darin, „dass die Justiz personell und mit Sachmitteln so ausgestattet wird, dass sie auf Legal-Tech-Unternehmen und Anwaltschaft nicht immer nur reagieren, sondern auch selbst Ideen entwickeln kann“. Ein weiteres kontroverses Thema waren zunehmende wirtschaftliche Interessen in der Justiz. Dazu Otmar Kury: „Eine große Gefahr ist die steigende Einflussnahme durch Fremdkapital zum Beispiel auch bei der Anwaltschaft. Sie gefährdet unseren Rechtsstaat. Rechtsanwälte sind Organe des Rechts. Ich will keine profitgesteuerten Interessen, wenn es um Recht und Gesetz geht.“
Anschließend diskutierten fünf Gäste auf dem Podium: Alisha Andert (Vorstandsvorsitzende des LegalTech-Verbandes), Roland Ketterle (Präsident des Landgerichts Köln), Thomas Lämmrich (Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft), Adrian Schweizer (Mediator und Trainer) und Simone Staab (Rechtsanwältin und Repräsentantin des Kölner Anwaltvereins).
Wie lautet das Fazit zu der Veranstaltung?
Dr. Ulrich Eberhardt: „Bis 2030 wird es aufgrund sich weiter diversifizierender Lebensentwürfe deutlich mehr Konflikte geben, die allerdings zunehmend nicht juristisch, sondern alternativ, in vielen Fällen auch elektronisch beigelegt werden. LegalTech-Unternehmen und Anwälte werden verstärkt um gewinnbringende und chancenreiche Forderungen buhlen. Dabei darf meiner Meinung nach aber keine Situation entstehen, die einer ‚Forderungs-Triage‘ gleichkäme. Dies wäre aber der Fall, wenn ‚gute‘ gegen ‚schlechte‘ Forderungen, also solche, deren Durchsetzung eher unsicher ist, beim Zugang zum Recht gegeneinander ausgespielt werden. Gleichzeitig wird zukünftig bei der Konfliktlösung nahezu alles digitalisiert werden, was der Markt verlangt und technisch möglich ist. Dabei erscheint mir die Aufsicht über Programmierungen von Algorithmen indes lückenhaft zu sein.“ Außerdem: „Die Anwaltschaft wird sich zukünftig auf die komplizierteren Rechtsfälle konzentrieren müssen.“ Für die Rechtsschutz-Versicherer sieht Dr. Eberhardt dagegen gute Chancen: „Die Bedeutung der Versicherer wird weiter steigen, denn sie bleiben der Lotse im Rechtsdschungel für ‚gute‘ und ‚schlechte‘ Forderungen. Somit verschaffen sie diskriminierungsfrei Zugang zum Recht.“