Schwacher gesellschaftlicher Zusammenhalt, zunehmende Polarisierung
ROLAND Rechtsreport 2023 befragt die Deutschen zum Zustand der Gesellschaft
ROLAND Rechtsreport 2023 befragt die Deutschen zum Zustand der Gesellschaft
Köln, 19. April 2023
Über die Hälfte der Menschen in Deutschland hält den Zusammenhalt in der Gesellschaft für schwach oder sehr schwach. Das zeigt der ROLAND Rechtsreport 2023, der Ende Februar erschienen ist. In der bevölkerungsrepräsentativen Studie, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag von ROLAND Rechtsschutz durchgeführt hat, sagen lediglich 22 Prozent der Befragten, dass sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt derzeit für stark oder sehr stark halten. In Ostdeutschland gilt dies sogar nur für 16 Prozent der Bürger.
Der Eindruck, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt schwächer wird, hält bereits seit Jahren an, hat zuletzt jedoch an Dynamik gewonnen: Bewerteten 2016 58 Prozent und 2018 56 Prozent den Zusammenhalt als gering, sind es aktuell 65 Prozent. Und: Drei Viertel der Befragten haben den Eindruck, dass gesellschaftliche Bindungen in den letzten Jahren immer weiter abgenommen haben.
Was die Menschen am stärksten trennt und unterscheidet, sind nach Ansicht der Befragten die soziale Schicht (71 Prozent), Einkommen und Besitz (70 Prozent) sowie die Herkunft (62 Prozent). Ebenfalls 62 Prozent sind der Meinung, dass die Einstellung, die man gegenüber geflüchteten Personen und Zuwanderern einnimmt, Bürger unterscheidet. Ähnliches gilt für die politische Einstellung im Allgemeinen.
Dies ist ein relativ neues Phänomen: Während Trendreihen des Allensbacher Instituts zeigen, dass die große Mehrheit der Bevölkerung in Bezug auf die soziale Schicht und die Verteilung von Besitz und Vermögen bereits seit vielen Jahren überzeugt ist, dass diese Faktoren die Menschen in unserer Gesellschaft trennen, gilt dies erst seit 2015 für die politische Einstellung. Die zunehmende Polarisierung politischer Diskussionen, die sich besonders ausgeprägt in der Flüchtlingskrise, während der Corona-Pandemie und teilweise auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine gezeigt hat, scheint sich hier niederzuschlagen.
Maßnahmen, die zu mehr Gleichheit und weniger Diskriminierung führen sollen (wie beispielsweise eine gendergerechte Sprache oder Antidiskriminierungsgesetze), sehen die Hälfte der Befragten kritisch: Sie denken, dass hierdurch Spannungen und Konflikte eher zunehmen.
Immerhin sind 45 Prozent der Bürger überzeugt, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft durchaus gefördert beziehungsweise gestärkt werden kann – 37 Prozent denken, das sei kaum möglich. Zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts kann laut den Befragten insbesondere die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu Hilfsbereitschaft, die Bekämpfung von Hass und Mobbing im Internet und die Förderung von Chancengleichheit und Hilfsbereitschaft gegenüber Minderheiten und Schwächeren beitragen. Außerdem nennen sie unter anderem die Einhaltung von Regeln und Gesetzen, die Förderung von Integration, die Belebung des Nachbarschaftsgedankens und die Stärkung der Familien.